Der sogenannte Verdauungsschnaps nach fettem Essen hält nicht was er seit Generationen verspricht. Experten raten sogar eher von ihm ab.
Die Feiertage am Ende des Jahres sind wahre Schlemmer-Orgien und fast alles, was in diesen Tagen angeboten wird, ist zu fett, enthält zuviel Zucker und hat meistens eine Masse an Kalorien. Nach solchen Genüssen wurde schon immer gerne ein Schnaps zum Anregen der Verdauung gereicht. Doch der Verdauungsschnaps ist ein Irrtum. Die Muskulatur des Magens wird durch ihn zwar vorübergehend entspannt, aber das erweckt nur kurz den Eindruck, dass er auch das Völlegefühl reduziert. Das genaue Gegenteil ist leider der Fall. Die Verdauung wird durch Alkohol verzögert, der gesamte Verdauungsprozess wird also deutlich verlangsamt.
Eine Studie, die jetzt im British Medical Journal veröffentlicht wurde, zeigt eindeutig, dass Alkohol eine hemmende Wirkung auf den Vorgang der Verdauung hat. Zwanzig gesunde Probanden stellten sich für diesen Test zur Verfügung. Sie waren zu diesem Zeitpunkt zwischen 23 und 58 Jahre alt. Man servierte ihnen ein Käsefondue mit je 200 Gramm geschmolzenen Käse und 100 Gramm Brot. Dazu gab es für eine Gruppe Wein, für die anderen Teilnehmer Wasser zu trinken.
Nach dem Essen wurde der ersten Gruppe zusätzlich ein Schnaps kredenzt. Die andere Hälfte der Teilnehmer bekam lediglich Wasser zu trinken. Das Essen war zuvor von den Wissenschaftlern leicht radioaktiv markiert worden. So ließ sich besser erkennen, wie schnell die Mahlzeit im Körper verdaut wurde. Das abschließende Ergebnis der Untersuchung ergab recht eindeutige Beweise dafür, dass sich durch Wein zum Essen der Magen langsamer entleert. Wer zum guten Schluss eines üppigen Menüs noch einen Schnaps obenauf setzt, dessen Verdauungsprozess wird noch mehr gebremst. Es ist also nicht viel dran an der Aussage, dass Schnaps die Verdauung fördert. Hinzu kommt auch noch, dass Schnaps recht viele Kalorien hat. Man sollte sich daher also fragen, ob er zusätzlich zu den anderen Schlemmereien auch noch sein muss. Es ist zwar richtig, dass gewisse Kräuter, wie Anis oder Kümmel, die in manchem Schnaps enthalten sind der Verdauung gut tun. Doch im Schnaps sind sie in zu geringer Menge vorhanden. Es hilft also lediglich der Glaube daran, dass man sich mit dem Verdauungsschnaps etwas Gutes tut. Man erzielt in nahezu allen Fällen leider den klassischen Placebo-Effekt.
Der Körper braucht nach allzu üppiger Völlerei einfach nur Zeit und Ruhe um die Verdauung in Schwung zu bringen. Der Magen, die Leber und der Darm leisten nach dem Schlemmen Schwerstarbeit. Auch das Gehirn wird in dieser Zeit nur minimal versorgt. Moderate Bewegung ist nach einem ausschweifendem Festtags-Schmaus die beste Möglichkeit wieder in Form zu kommen und wirkt oft wahre Wunder.
Auch wenn der Verdauungsschnaps nun nachgewiesener Maßen nicht zur Besserung Verdauung dient, so gehört er doch nach einem üppigen Festmahl einfach dazu. Das ist halt Tradition.