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In Einzelfällen kann eine gesetzliche Krankenkasse verpflichtet werden, die Kosten für Cannabis-Extrakt-Tropfen zu zahlen.
Ein interessantes Gerichtsurteil zur Fragen nach der Kostenübernahme für Cannabis-Tropfen veröffentlichte das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen vor wenigen Tagen: In Einzelfällen kann eine gesetzliche Krankenkasse verpflichtet werden, die Kosten für Cannabis-Extrakt-Tropfen zu zahlen (L 4 KR 276/15 B ER). Das Ergebnis ist durchaus überraschend.
Geklagt hatte ein im Jahr 1991 geborener Antragsteller. Er leidet seit seinem neunten Lebensjahr unter Morbus Bechterew. Dies ist eine schmerzhafte chronisch entzündliche rheumatische Erkrankung der Wirbelsäule. Der behandelnde Arzt wies darauf hin, dass die Schmerzen des Patienten im Tagesverlauf sehr stark zunehmen. Die bekannten schulmedizinischen Methoden hatten bisher keinen Erfolg gebracht. Deshalb erhielt der Kläger vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte eine Ausnahmegenehmigung, um Cannabis zu Therapiezwecken zu erwerben. Nur durch die Einnahme von Cannabis-Extrakt-Tropfen konnten die Schmerzen in einem erträglichen Maß gehalten werden. Die gesetzliche Krankenkasse lehnte die Kostenübernahme für die Tropfen allerdings ab.
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Zur Begründung führte man aus, dass diese Therapie nicht zur vertragsärztlichen Versorgung gehört. Der Fall landete vor Gericht. Das Landessozialgericht stimmte der Klage zu, allerdings steht die Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren aus. Es besteht derzeit ein einstweiliger Rechtsschutz, es ist aber noch nicht endgültig geklärt, ob der Antragsteller wirklich einen Anspruch auf die Kostenübernahme hat. Für eine Behandlung mit Cannabis-Präparaten als eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode nach dem 5. Sozialgesetzbuch besteht derzeit noch keine Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses.
Die Richter wiesen aber darauf hin, dass die Krankenkasse nach dem 5. Sozialgesetzbuch in Ausnahmefällen sehr wohl verpflichtet ist, Leistungen auch außerhalb des vertragsärztlichen Regelwerks zu erstatten. Zwar besteht im vorliegenden Fall keine lebensbedrohliche oder sogar tödliche Erkrankung. Trotzdem können schwerste Schmerzzustände dieser Diagnose entsprechen, wenn daraus ein Verlust von herausgehobenen Körperfunktionen abzuleiten ist. Im Hauptsacheverfahren bleibt nun zu klären, ob das im vorliegenden Fall so sein könnte. Bis dahin muss die Krankenkasse die Kosten übernehmen.