Gerichtsurteil Tarife GKV Wahlleistungen

Tarife GKV Wahlleistungen
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Gerichtsurteil Tarife GKV Wahlleistungen : Unbegrenztes Angebot von Wahlleistungen ist unzulässig.

Wenn eine gesetzliche Krankenkasse zusätzliche Wahlleistungen anbietet, muss er sich auf wenige Tarife begrenzen. So hat es das Landessozialgericht in Nordrhein-Westfalen in einem jetzt veröffentlichten Urteil mitgeteilt. Der Fall wurde bereits am 14. Juni 2018 verhandelt, das Ergebnis dürfte für manchen Experten überraschend sein (Az. L 16 KR 251/14).

AOK vielfältige Tarife GKV Wahlleistungen

Schon im Jahr 2007 kam ein neues Gesetz zur Stärkung der Konkurrenz innerhalb der gesetzlichen Krankenkassen auf den Markt. Dadurch erhielten die Kassen das Recht, ihren Kunden und deren Angehörigen Tarife für Kostenerstattungen anzubieten. Das musste in der Satzung der Krankenasse verankert werden. Die hier beklagte Allgemeine Ortskrankenkasse mit Sitz im Rheinland und in Hamburg machte von ihrem Recht in umfassender Form Gebrauch. In der Folge wurden mehrere Tarife eingeführt, in denen eine Erstattung für Leistungen zugesichert wurde, die im Ausland, für Krankenhausaufenthalte, für Ein- oder Zweibettzimmer und für Zahnersatz beansprucht wurden. Später wurde dieses Angebot noch um Tarife für Vorsorgeleistungen in den Bereichen Zahngesundheit, Kieferorthopädie und häusliche Krankenpflege ergänzt. Gegen dieses Angebot klagte der PKV-Versicherer.

Tarife GKV Wahlleistungen: Erste Instanz sieht kein Verstoß gegen Wettbewerbsgesetz

Nach Ansicht des privaten Krankenversicherers lag ein Verstoß gegen das geltende Wettbewerbsrecht vor. Daher wurde beim Sozialgericht Dortmund Klage erhoben. Sie hatte zum Ziel, die AOK zur Unterlassung des Angebots zu verpflichten. In der ersten Instanz scheiterte die Klage des privaten Krankenversicherers. Die Richter waren der Meinung, dass der gesetzlich erlaubte Rahmen von der AOK nicht überschritten sei. Daher sei sie berechtigt, die Tarife in dieser umfassenden Form anzubieten. In der Folge ging der private Krankenversicherer in die Berufung und rief die nächste Instanz an.

Aufhebung des Urteils nach Berufung

Das Landessozialgericht entschied nun anders. Die Richter am Landessozialgericht in Nordrhein-Westfalen wollten sich dem Urteil der Vorinstanz nur begrenzt anschließen. Man kam hier zu dem Entschluss, dass die Klage des privaten Versicherers weitgehend gerechtfertigt sein. Die Richter waren der Auffassung, dass es der gesetzlichen Krankenkasse nicht erlaubt war, solche Versicherungsleistungen als zusätzliches Angebot vorzulegen. Lediglich für die Vorsorge sei ein Vorsorgetarif akzeptabel, solange er sich nur auf die Zahngesundheit und auf den Bereich der häuslichen Krankenpflege beziehe. Begründet wurde dieses Urteil damit, dass die Krankenkassen als Bestandteil der öffentlichen Hand nicht das Recht haben, Leistungen anzubieten, die über die Erhaltung der gesundheitlichen Fürsorge und über das nach der Verfassung zulässige Spektrum hinaus gehen. Im vorliegenden Fall habe die Kasse mit ihren Wahltarifen zum großen Teil den Leistungsrahmen überschritten, den der Gesetzgeber aus gutem Grund vorsieht. Dadurch habe die Kasse unzulässig in den Bereich der privaten Krankenversicherung eingegriffen und dieser somit einen Nachteil verursacht.

Vor diesem Hintergrund hat der private Krankenversicherer einen Anspruch auf Unterlassung. Allerdings hat der Fall grundsätzliche Bedeutung. Vor diesem Hintergrund hat die unterlegene Krankenkasse die Möglichkeit, das Bundessozialgericht anzurufen und dort die Revision des Urteils zu beantragen.

Urteil Tarife GKV Wahlleistungen: Auswirkungen auf weitere Krankenkassen ist offen

Nachdem das Landessozialgericht die Revision zugelassen hat, ist im Augenblick offen, welche Folgen sich für das Tarifangebot der AOK Rheinland und Hamburg und für viele weitere gesetzliche Krankenkassen ergeben. Es steht zu erwarten, dass sich dieser Rechtsstreit noch einige Zeit hinzieht. Wer die Entwicklung in den letzten Jahren verfolgt hat, stellt fest, dass dieser Streit schon lange schwelt und auch schon mehrere Gerichte bemüht hat. Dennoch wird interessant sein zu sehen, wie hier in letzter Instanz entschieden wird. Für die gesetzlichen Krankenkassen könnte es eine erhebliche Einschränkung bedeuten, wenn sie ihre Wahltarife nicht wie bisher anbieten können. Ein Eingrenzung der Leistungen könnte zu einem erheblichen Verlust an Umsatz führen. Umgekehrt dürfte die Position der privaten Krankenversicherer dadurch nachhaltig gestärkt werden, wenn sie entsprechende Tarife in ihr Spektrum aufnehmen.

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